Jeder Mensch wünscht sich ein sicheres Dach über den Kopf. Schäden an Gebäuden verunsichern daher sehr und Klagen über Pfusch am Bau erregen immer wieder großes öffentliches Interesse. Diese Reaktionen sind zwar verständlich, bei ruhiger Betrachtung stellt sich jedoch häufig heraus, dass unsere Erwartungen an die Mängelfreiheit von Gebäuden oft überzogen sind. Dies wird besonders deutlich bei einem Vergleich mit einem anderen” Lieblingskind”- das Auto.
Niemand erwartet, dass sein Auto 30 Jahre lang ohne Defekt und ohne Wartung fahren kann. Im Gegenteil, wer sich einen neuen Wagen anschafft, ist darauf eingestellt, dass zahlreiche Inspektionen und in regelmäßigem Abstand technische Überwachungen notwendig werden. Ebenso weiß jeder, dass ein Auto früher oder später Mängel aufweisen wird oder ein Bestandteil den Dienst versagt. In einem solchen Fall bedient man sich einer umfangreichen Ersatzteilindustrie. Dabei handelt es sich beim Auto jedoch um ein industrialisiertes durchrationalisiertes Massenprodukt, das von einem eingespielten Team hergestellt und in den Phasen seines kurzen Entstehungsprozesses güteüberwacht wird.
Wer möchte aber ein Haus bauen oder kaufen, dem nur eine so kurze Lebensdauer wie ein Auto vorrausgesagt wird. Im Gegenteil, von einem Bauwerk erwarten wir eine wesentlich längere Standzeit und das möglichst auch noch bei völliger Schadensfreiheit. Die Notwendigkeit einer vorbeugenden Instandhaltung und die unterschiedliche Lebensdauer einzelner Bauteile wird dabei gerne übersehen. Ebenso wird häufig nicht bedacht, dass ein Haus meist kein Serienprodukt ist, sondern unter wechselnden Bedingungen von verschiedenenGewerken individuell in monatelanger Bauzeit bei Wind und Wetter, überwiegend handwerklich gefertigt wird.
Der Käufer eines älteren Hauses oder einer älteren Altbau- Eigentumswohnung sollte sich klarmachen, dass eine durch Kriege, Mangelsituationen während der Bauzeit oder falsche Bauunterhaltung wechselvolle Geschichte des Objektes zu sehr unterschiedlichem Zustand der Bausubstanz führen kann, so dass bei Altbauten, ganz abgesehen vom naturgegebenen Alterungsprozess, eine Mangelfreiheit oder auch nur ein ähnlicher Bauzustand bei Gebäuden gleichen Alters nicht erwartet werden kann.
Es ist also empfehlenswert, sich von vornherein darüber bewußt zu sein, dass man bei Altbauten im gewissen Rahmen mit Mängeln leben muss, und dass auch bei Neubauten eine überzogene Anspruchshaltung nicht angemessen ist. Eine größere Gelassenheit beim Auftreten von Bauschäden schont nicht nur die Nerven, sondern ist auch einer vernünftigen Lösung von auftretenden Problemen dienlich.